Schemenlaufen - Historisches

Ein Blick zurück. Die Imster Fasnacht historisch gesehen

Aufzeichnungen zur Imster Fasnacht gibt es in alter Zeit so gut wie keine. Aber 1597 werden - auch in Imst - „Mummereyen“ (Verkleidungen) verboten, weil der offensichtlich bereits übliche Termin der Fasnacht mit einem kirchlichen Feiertag zusammenfiel. Auch die Türkengefahr sowie Seuchen dienten als Begründung, Maskenumzüge zu verbieten. Bei derartigen Verordnungen wird immer wieder auch Imst als betroffenes Gericht angeführt. Neben der weltlichen machte es sich auch die geistliche Obrigkeit regelmäßig zum Anliegen, die Fasnacht einzuschränken oder gleich ganz zu verbieten.

Abraham a Santa Clara

Im 17. Jahrhundert wurden Umzüge durchaus gestattet, sofern sie gesittet und ohne Belästigungen vonstatten gingen. 1842 zitiert Carl Spindler in seinem Roman „Der Vogelhändler von Imst“ den wortgewaltigen Abraham a Santa Clara. Der soll anno 1683 geurteilt haben, man möge den Menschen ihr Schemenlaufen einmal im Jahr gönnen, da ja die Mächtigen dieser Welt stets mit der Maske der Verstellung herumliefen. Aber, meldet sich der Prediger in ihm doch noch zu Wort, „das Schemenlaufen soll nicht ein Schelmenlaufen seyn (…) ansonst in den Kotter mit euch Tabacksbrüdern und Weinzapfen!“.

In der Zeit der Aufklärung (18. Jh.), als man alles der (vermeintlichen) Vernunft unterordnen wollte, hatte man von oben her kaum Verständnis für derartig rückständige Bräuche wie die Fasnacht. Inwieweit sich die Imster solchen Verboten widersetzten, mag ein Prozess in Pfunds belegen (1775). Da waren etliche Burschen angeklagt, entgegen dem Verbot maskiert durch das Dorf gezogen zu sein. In ihrer Rechtfertigung beriefen sie sich darauf, sie hätten gehört, dass neben andern auch die Imster in diesem Jahr solche Umzüge durchgeführt hätten.Der große Brand von 1822 hat sicher so manches Kostüm, manche Larve, wohl aber auch einschlägige Dokumente für immer zerstört.

Erlaubnis oder Verbot?

Im 19. Jahrhundert - das man als entscheidende Periode für das Weiterbestehen der Fasnacht ansehen darf - wogte der amtliche Streit um Erlaubnis und Verbot mehrfach hin und her, Gutachten wurden erstellt, strenge amtliche Anfragen und rechtfertigende Antworten wechselten zwischen Imst, Innsbruck und Brixen (damals Bischofssitz) hin und her. Wichtig war beispielsweise, dass Dekan Schweighofer (selbst geborener Imster) ausdrücklich bestätigen konnte, dass es beim Schemenlaufen keinerlei Exzesse gegeben habe.

Erste Berichte

Mitte des 19. Jahrhunderts war Carl von Lutterotti als Beamter in Imst tätig. Diesem Mann mit seinem lebhaften Interesse an der Volkskultur verdankt man die ersten Darstellungen der Fasnacht: zwei Skizzen sowie ein darauf beruhendes Aquarell. Nun begegnen wir auch den ersten Erwähnungen des Brauchs in der Literatur, etwa bei Beda Weber (1837), und in den frühen Tiroler Zeitungen (Innsbrucker Tagblatt 1855, von da ab in zunehmender Häufigkeit). Den Beschreibungen gilt es mit gebührender Skepsis gegenüber zu treten, weil die Schreiber oft von auswärts kamen und nicht wirklich kundig waren. - Der Versuch einer Imsterin, mittels einer frommen Stiftung den Termin der Fasnacht zu blockieren, scheiterte. Die Imster ließen sich nämlich nicht lange foppen und verlegten kurzerhand den Termin.

Die Gemeinde greift ein

1890 dürften die ersten Fotografien vom Schemenlaufen gemacht worden sein. Von 1908 sind noch interessante Auflagen erhalten, von deren Einhaltung die Gemeindevorstehung ihre Zustimmung zur Durchführung der Fasnacht abhängig machte: Beschränkung auf die Zeit zwischen 12 Uhr Mittag und 18 Uhr Abend; ein Komitee muss für Ordnung sorgen; Betrunkene sind auszuschließen; Spritzer und Kübelemajen (damals noch mit Wasser im „Kübele“!) dürfen die Zuschauer nicht über Gebühr nass machen; solides Benehmen gegenüber den Zuschauern usw. War die Fasnacht schon 1911 in einem touristischen Führer erwähnt worden, so erschien 1914 die erste ausschließlich dem Schemenlaufen gewidmete Broschüre von Kurd Eichhorn.

Kriegszeiten

Der Erste Weltkrieg brachte eine längere Unterbrechung mit sich, erst 1922 gab es wieder ein Schemenlaufen - geprägt von der Notzeit nach dem Krieg. So regte das Komitee unter anderem an, Brezen sollten auch an „arme Teufel“ verteilt werden. Günstig wirkte sich für die Fasnacht aus, dass der ebenso renommierte wie engagierte Künstler Thomas Walch die Leitung des Komitees übernommen hatte und so manche Idee einbrachte bzw. selbst umsetzte. Er entwarf zum Beispiel ein Plakat, das mehrere Fasnachten hindurch verwendet wurde.

1933 war zum ersten Mal am Sonntag Fasnacht. Die wirtschaftliche Notlage und die Arbeitslosigkeit machten es unmöglich, während der Woche zu gehen. 1938 - Österreichs Unabhängigkeit neigte sich ihrem Ende zu - da gingen die Imster friedlich miteinander in die Fasnacht, für lange Kriegsjahre zum letzten Mal. Als „Dank an den Führer“ bereits 1939 wieder eine Fasnacht durchzuführen, wie das manche Nationalsozialisten wollten, scheiterte am passiven Widerstand der Imster.

Glanzvoll

1949 konnte wieder ein Schemenlaufen stattfinden, tatkräftig unterstützt von der französischen Besatzungsmacht. Wie nach 1918 zwang die große Armut die Verantwortlichen wieder zu allerlei Improvisation und zu Bittgängen bei Ämtern, um das notwendige Material beschaffen zu können. Aber Not kennt kein Gebot, und am 20. Feber 1949 ging eine glanzvolle Fasnacht über die Bühne (30.000 Besucher!). Dabei störte es nicht, dass die niederländische Königin Juliane (auf Urlaub am Arlberg) nicht persönlich nach Imst kam. Immerhin waren Prinz Bernhard und die beiden Prinzessinnen Beatrix und Irene dabei. 1952 führte der ebenso verdienstvolle wie legendäre Franz Treffner sen. seinen „Fasnachtsmarsch“ zum ersten Mal auf. In kürzester Zeit wurde das Musikstück ungemein populär und gilt heute als „die“ Hymne der Imster Fasnacht. Seit es 1957 die Fasnacht total verregnete, bezahlt man vor jedem Schemenlaufen in der Kapuzinerkirche Messen für die Armen Seelen.

Ablehnung

In den Sechzigern und Siebzigern stiegen die organisatorischen Anforderungen von Fasnacht zu Fasnacht an und verlangten immer mehr Einsatz der Mitglieder des Komitees. Gewachsen ist auch das Echo in den Medien - zu welchen sich inzwischen das Fernsehen gesellt hatte. Hatten 1955 noch einige Fasnachtler bei den Dreharbeiten für den Film „The Gamma People“ mitgewirkt, so lehnte man einschlägige Angebote von nun an immer deutlich ab. Auch zu den Olympischen Spielen in Innsbruck wurde keine Maskendelegation geschickt. 1981 wurde das Schemenlaufen live übertragen - eine bemerkenswerte Neuerung. Zwei Jahre später veröffentlichte Josef Zangerle, zu Recht gerühmter Obmann durch viele Jahre hindurch, das erste Buch über die Fasnacht. In den folgenden Jahren konnte man besonders glanzvolle Fasnachten erleben und legte ein Niveau an den Tag, das man früher wohl für nicht erreichbar gehalten hätte.

Ein Haus für die Fasnacht

1998 wurde im „Glaserhaus“ das Fåsnåchtshaus (seit 2018: Imster Fåsnåchtshaus) eröffnet, im Jahr darauf das Archiv bezogen, das Museum konnte 2001 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Im Zeichen der an allen Ecken und Enden neu entstehenden Fasnachten arbeiten die Traditionsorte enger zusammen und organisieren in unregelmäßigen Abständen multimediale Ausstellungen im In- und Ausland. Aktuelle Probleme sind, dass die Zahl der Teilnehmer stetig wächst, dass die Technik da und dort überhand zu nehmen droht, dass die Beschaffung der benötigten Materialien immer schwieriger wird usw. Man wird alles das in bewährter Manier im Gespräch, in der Diskussion lösen können. Hauptsache, die Fasnacht lebt! Und sie wird weiterleben!

Dieses Kapitel beruht auf dem ausführlicheren und fundierten Text von Manfred Waltner im Buch „Fasnacht in Imst“.

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