Schemenlaufen

Der Ursprung liegt im Dunkeln

Seit wann es die Imster Fasnacht gibt? Kein Mensch kann diese Frage seriös beantworten. Die ältesten bekannten Dokumente, welche sich auf die Fasnacht beziehen, sind aus den Jahren 1597 und 1610. Man darf davon ausgehen, dass das Brauchtum deutlich weiter zurückreicht. Ob auch germanisch, heidnisch? Vermutungen dazu gibt’s, aber keine wissenschaftlichen Beweise. Sei’ s drum!

Ähnliches gilt auch, wenn man den Sinn der Fasnacht erforschen will: Fruchtbarkeitsritus; Lärmbrauch, um Dämonen zu vertreiben; Vertreibung des Winters, ein letztes großes Fest vor Beginn der Fastenzeit? Für alles gibt es Argumente, aber keines davon ist exklusiv und wirklich stichhaltig.

Gelebte Mystik

Nehmen wir eine Mischung von allem an und beziehen die allgemein menschliche Lust mit ein, sich zu verkleiden, jemanden nachzuahmen. Der Rest ist sowieso ein Geheimnis. Unerklärbar. Gelebte Mystik im Zeitalter der Technik, weit jenseits von Gentechnologie und EDV-Welt. Sicher ist: Alle drei bis fünf Jahre gehen die Imster in die Fasnacht und das mit ungebrochener Begeisterung. Zwischen zwei Fasnachten dann noch die Fasnacht der Buben - genau dieselbe wie die der Männer. In jedem Fall farbenprächtig, quirlig, voll Bewegung und doch nach einem alten Ritual, genau geregelt. Ein Umzug Maskierter durch die Stadt, tradiertes Tanzen, Springen, überschäumende Lebensfreude, aber auch ernstes Bewusstsein, in eine uralte Tradition eingebunden zu sein.

Die Mittagsglocke

Rund 900 Imster Männer wirken aktiv am Schemenlaufen mit, das sind etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Immerhin! Am Sonntag - früh am Morgen schon - die Fasnachtsmesse in der Pfarrkirche. Man gedenkt der Verstorbenen, an deren Gräbern man auch Kerzen entzündet. Danach vor der Kirche das „Figatter“: Mit verteilten Rollen wird das Missgeschick oder die Blamage eines Mitbürgers aufgeführt - zum Gaudium der zahlreichen Zuschauer. Anschließend reiten die Ausrufer in Begleitung von Fanfarenbläsern durch die Stadt und verkünden, dass heute Fasnacht ist. Ab halb zehn ziehen die einzelnen Masken von der Unterstadt hinauf in den Obermarkt. In Gruppen, als Paar oder mit einem Aufzugswagen, der Lustiges oder Bemerkenswertes thematisiert, wo die Zuschauer bereits miteinbezogen werden. Auch die großen Wagen machen sich auf den Weg.

Um zwölf, mit dem letzten Schlag der Glocke vom hohen Kirchturm herunter heißt es für die Aktiven, die im Gasthaus eine kurze Rast gemacht haben, "Larven (= geschnitzte Maske aus Holz) auf, es geht los!" Der Umzug beginnt, der Puls steigt auf 180, pure Emotion liegt in der Luft. Die Sackner, Spritzer, Kübelemaje schaffen Raum für die Hauptmasken Roller und Scheller, die bereits im Hintergrund auf ihren großen Auftritt warten. Zuschauer werden an den Rand der Straße gedrängt, damit die Roller- und Schellerpaare ihren Kreis bilden können, Hexen samt ihrer Musik formieren sich, und auch die Bärenbande ist bereit für den Aufbruch.

Ein Obolus

Die Stadtmusik spielt den überaus populären „Fasnachtsmarsch“, dann ertönen die Schellen und das silberhelle Klingen der Rollen, die Fasnacht ist in vollem Gang. Man sieht die Laggepaare, Karikaturen der Roller und Scheller und damit deren Gegensatz, langsam, „lagg“ (müde), aber dennoch liebenswert und originell. An manchen Plätzen werden Zuschauer eingeführt. Roller und Scheller, ein Laggepaar oder eine Hexe mit ihrem Musikanten holen eine/-n Besucher/in aus der Menge heraus, ehren ihn oder sie mit einem Tanz. Eingehängt geht es zu einer der Kassen, und der / die Eingeführte leistet einen Obolus. Dafür gibt’ s eine kleine Larve oder ein Abzeichen als Dank und Erinnerung. Eingeführt werden - das ist für Besucher und vor allem für jeden Imster eine unverzichtbare Ehre!

Abschließender Höhepunkt

Langsam bewegt sich so der Zug wieder zur Unterstadt hin. Während einer zirka halbstündigen Pause für die Masken spielt die Stadtmusik für die Besucher auf, von denen sich viele jetzt die Wagen näher ansehen. Es wird sechs Uhr, Zeit fürs abendliche Betläuten. Alle, Maskierte und Publikum, sind am Stadtplatz versammelt. Noch einmal wird Adrenalin freigesetzt, werden letzte Reserven mobilisiert, entlädt sich im Schlusskreis noch einmal die Energie aller Fasnachtler. Das so genannte „Z’såmmschalle“ ist der furiose Schlussakt der Fasnacht. Alles ist in Bewegung, alles springt, tänzelt, dreht sich, juchzt, spielt. Blasen an der Ferse, Schmerzen im Knie, wund gerieben im Gesicht? Egal! Die Fasnacht geht zu Ende, sie hat eine finale Anstrengung verdient, auch das eine Sache der Ehre! Am Montag dann die Fasnacht der Imster - ohne Larven geht man da, die strengen Regeln gelten nicht mehr, alles ist Freude pur: Es war wieder eine schöne Fasnacht! Versteht sich!

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